Prokrastination: Warum wir aufschieben – und wie wir es überwinden

Kennst du das? Deine To-Do-Liste ist lang, aber statt endlich mit der Hausarbeit, der Steuererklärung oder einem wichtigen Projekt anzufangen, fängst du an, deinen Schreibtisch aufzuräumen oder „nur kurz“ auf Social Media zu scrollen. Willkommen im Alltag der Prokrastination – auch bekannt als Aufschieberitis.

Ob im Studium, im Job oder zu Hause: Prokrastinieren ist ein verbreitetes Verhalten, das viele Menschen betrifft. In diesem Artikel erfährst du, warum wir aufschieben, was wirklich dahintersteckt – und vor allem: was du dagegen tun kannst.

Was bedeutet Prokrastination eigentlich?

Das Wort Prokrastination stammt aus dem Lateinischen (procrastinare) und bedeutet „verschieben“ oder „vertagen“. Gemeint ist ein Verhalten, bei dem man wichtige Aufgaben immer wieder aufschiebt – oft bis zum letzten Drücker.

Man vertagt die Erledigung, obwohl man weiß, dass das unangenehme Gefühl, der Druck und die Folgen dadurch oft schlimmer werden.

Die Westfälische Wilhelms Universität Münster hat dieses Phänomen intensiv erforscht. Sogar eine Prokrastinationsambulanz wurde dort eingerichtet, um Betroffenen gezielt Hilfe anzubieten. Auch an der Universitätsmedizin Mainz beschäftigt man sich mit der Behandlung dieser weit verbreiteten Arbeitsstörung.

Ursachen: Warum wir Dinge aufschieben

Es gibt viele Gründe für Prokrastination – meist handelt es sich um eine Mischung aus inneren und äußeren Faktoren:

  • Perfektionismus: „Ich fange erst an, wenn ich den perfekten Plan habe.“

  • Angst zu scheitern: „Was, wenn ich es nicht gut genug mache?“

  • Fehlende Motivation: „Ich hab gerade keine Energie.“

  • Unklarer Umfang: „Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll.“

  • Geringe Selbststeuerung: Die Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, fehlt.

Laut dem Psychologen Fred Rist von der Universität Münster ist Prokrastination keine Faulheit, sondern eine Störung des Arbeitsverhaltens – oft verknüpft mit schlechter Selbststeuerung, Angst, oder negativen Erfahrungen.

Typische Situationen: Wenn wir alles andere lieber tun

Vielleicht kennst du das: Du musst eine Hausarbeit schreiben oder einen Bericht fertigstellen. Stattdessen sortierst du alte E-Mails oder liest einen Artikel über produktives Arbeiten. Klingt paradox? Ist aber genau das, was viele Prokrastinierende tun.

Selbst einfache To-Dos werden zur Herausforderung – und aus einem kleinen Aufschub wird schnell eine dauerhafte Angewohnheit.

Was sind die Folgen?

Prokrastination wirkt kurzfristig entlastend, hat aber langfristig oft negative Auswirkungen auf dein Leben:

  • Dauerstress und ein schlechtes Gewissen

  • Schlafprobleme und Erschöpfung

  • Verschlechterte Leistungen im Beruf oder Studium

  • Verlust von Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl

  • Gescheiterte Ziele und verpasste Chancen

Manche entwickeln sogar ein Störungsbild, bei dem Aufschub das gesamte Leben dominiert.

Tipps gegen Prokrastination: Was du konkret tun kannst

Die gute Nachricht: Aufschiebeverhalten ist veränderbar! Hier sind einige praktische Tipps, mit denen du wieder in die Handlung kommst:

1. Kleine Schritte statt großer Brocken

Große To-Do‘s wirken überfordernd. Zerlege sie in Mini-Aufgaben – das senkt die Hürde.

2. Zeitfenster setzen (z. B. Pomodoro-Technik)

25 Minuten konzentriert arbeiten, dann 5 Minuten Pause. So bleibst du fokussiert.

3. Belohnungen einbauen

Motiviere dich durch kleine Belohnungen nach erledigten Aufgaben.

4. Umgebung aufräumen

Ein klarer Schreibtisch schafft Klarheit im Kopf. Entferne Ablenkungen.

5. Die Macht der 2-Minuten-Regel

Wenn etwas weniger als 2 Minuten dauert – mach es sofort.

6. Selbstgespräche beobachten

Ersetze Ausreden wie „Ich hab noch Zeit“ durch „Ein Anfang ist besser als kein Anfang“.

Prokrastination im Beruf: Aufschieben kostet Unternehmen viel

In der Arbeitswelt ist Prokrastination ein teures Problem. Verzögerte Erledigungen, ständiges Verschieben und erhöhte Fehlerquoten beeinflussen Teams, Projekte und Ergebnisse.

Arbeitgeber sollten das Verhalten nicht als bloße „Unlust“ abtun, sondern verstehen: Oft liegt ein tieferes Problem zugrunde – manchmal braucht es gezielte Unterstützung durch Coaching oder Workshops zur Selbstorganisation.

Wann du dir Unterstützung holen solltest

Wenn du merkst, dass dich das Aufschieben dauerhaft stresst, dich in deinem Alltag blockiert oder dein berufliches Leben belastet, dann ist es absolut okay (und wichtig!), dir Hilfe zu suchen.

Die Prokrastinationsambulanz der Wilhelms Universität Münster ist z. B. eine tolle Anlaufstelle – auch Coachings zur Selbststruktur oder Verhaltenstrainings können helfen, das Muster zu durchbrechen.

Fazit: Du bist nicht allein – aber du hast Handlungsspielraum

Prokrastination betrifft viele – aber sie muss nicht dein Alltag bleiben. Du kannst lernen, dein Arbeitsverhalten neu zu gestalten, deine Ziele besser zu verfolgen und Schritt für Schritt wieder in deine Motivation zurückzufinden.

Fang an – nicht perfekt, nicht komplett, aber jetzt.

Geschrieben von Ayan Masood

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