ADHD/ ADHS/ ADS. Ritalin Debatte. Normale hohe Energie oder Krankheit?

ADHD/ ADHS/ ADS/ ADD: Was ist der Unterschied?  

ADHD und ADHS sind Abkürzungen für dieselbe Störung: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Die Abkürzung "ADHD" wird hauptsächlich in Nordamerika und der englischsprachigen Welt verwendet, während "ADHS" die gebräuchlichere Abkürzung in Europa ist. 

"ADS/ ADD" hingegen steht für "Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom" und wird manchmal verwendet, um eine abgeschwächte Form von ADHS zu beschreiben, bei der die hyperaktiven Symptome nicht so ausgeprägt sind. Allerdings ist ADS/ ADD kein offizieller Begriff in der medizinischen Diagnostik von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen und wird von vielen Experten als veralteter oder ungenauer Begriff angesehen.

Insbesondere bei Kindern mit ADS können frühzeitig Konzentrationsprobleme und Verhaltensauffälligkeiten auftreten, die sich häufig bis ins Jugend- und Erwachsenenalter fortsetzen. Die typischen ADS-Symptome wie Unaufmerksamkeit und Impulsivität beeinflussen den Alltag der Betroffenen erheblich und können sowohl schulische als auch berufliche Herausforderungen mit sich bringen.

Das Verständnis für diese Abkürzungen und ihre genaue Bedeutung hilft dabei, geeignete Behandlungswege zu finden und den Alltag der Betroffenen besser zu unterstützen.

Insgesamt beziehen sich alle diese Begriffe auf dieselbe grundlegende Störung, die durch Symptome wie Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität gekennzeichnet ist.

Überdiagnose von ADHS – Kann man ADHS wirklich diagnostizieren?

Es gibt eine Debatte darüber, ob ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) zu oft diagnostiziert wird. Einige argumentieren, dass es eine Überdiagnose gibt, insbesondere bei Kindern, da viele der Symptome auch bei anderen Erkrankungen oder einfach bei einem normalen Verhalten im Rahmen der Entwicklung auftreten können. Andere betonen jedoch, dass ADHS eine tatsächliche neurologische Störung ist, die bei vielen Menschen vorkommt und zu Problemen in der Schule, Arbeit und Beziehungen führen kann. 

Es ist auch wichtig zu berücksichtigen, dass die Diagnose von ADHS ein komplexer Prozess ist, der eine sorgfältige Bewertung der Symptome, der Vorgeschichte und anderer Faktoren erfordert. Eine genaue Diagnose setzt voraus, dass die Symptome signifikant genug sind, um das tägliche Leben zu beeinträchtigen.

Trotz langjähriger Forschung gibt es keinen Test, keine Biomarker, die diese Störungen schnell und zweifelsfrei nachweisen könnten.

Forscher warnen vor dem potenziellen Risiko, ADHS falsch zu diagnostizieren. Da es keinen klinischen Marker für diese Störung gibt, basiert die Diagnose auf einer Verhaltensanalyse. Dabei kann die natürliche Unruhe eines Kindes manchmal fälschlicherweise als ADHS interpretiert werden. Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen legt zwar klare Kriterien für die ADHS-Diagnose fest, jedoch wird in der Praxis beobachtet, dass diese von Fachkräften im Alltag nicht immer konsequent angewendet werden.

Symptome von ADHS

Die Symptome von ADHS können je nach Person unterschiedlich sein, aber sie umfassen oft:

  • Unaufmerksamkeit: Schwierigkeiten, sich auf eine Aufgabe oder Aktivität zu konzentrieren, Anweisungen zu befolgen oder Details zu beachten, Vergesslichkeit, leichte Ablenkung.
  • Hyperaktivität: Übermässige körperliche Bewegung, Zappeln, Herumlaufen, Schwierigkeiten, ruhig zu sitzen, Reden ohne Pause.
  • Impulsivität: Handeln, bevor man nachdenkt, Schwierigkeiten, abzuwarten, Schwierigkeiten, das eigene Verhalten zu kontrollieren, zum Beispiel mit Unterbrechungen, schnelles Antworten oder schnelles Agieren.

Was sagen Unterstützer dazu? 

  • Mehr Diagnosen spiegeln ein erhöhtes Bewusstsein wider
  • ADHS ist eine echte neurologische Störung
  • ADHS wird mit abnormer Gehirnstruktur und -Aktivität in Verbindung gebracht

Was sagen Skeptiker dazu?

  • Energetic child + boring school = ADHS Overdiagnosis
  • Kinder sind nicht dafür gemacht, stundenlang drinnen, auf Stühlen zu sitzen.
  • Die jüngsten Kinder in einer Klasse sind tendenziell zappeliger – und werden häufiger diagnostiziert
  • Ältere Schüler suchen möglicherweise nach stimulierenden ADHS-Medikamenten - "Good-grade Pills" (Schwarz, 2012). Eltern manchmal auch!
  • Was sind die langfristigen Auswirkungen einer medikamentösen Behandlung?
  • Warum die Zunahme von ADHS-Diagnosen und -Medikamenten? 

Neurotransmitterstoffwechsels im synaptischen Spalt

Ein Dopaminmangel ist verantwortlich für spezielle Verhaltensweisen, Wahrnehmung und kognitive Fähigkeiten.

Bei ADHS-Betroffenen finden sich an der Präsynapse eine höhere Anzahl der Dopamintransporter. Durch diese kann mehr Dopamin aus dem synaptischen Spalt zurückgeführt werden. Dieser Zustand führt dazu, dass nicht genügend Dopamin in dem synaptischen Spalt bleibt. Dies bezeichnet man als Dopaminmangel. 

Die Ursachen von ADHS

Die Ursachen von ADHS sind noch nicht vollständig verstanden, aber es gibt verschiedene Faktoren, die zu einer ADHS-Diagnose beitragen können:

  • Genetik: ADHS kann vererbt werden. Studien haben gezeigt, dass Gene eine Rolle bei der Entstehung von ADHS spielen können. (Nikolas & Burt, 2010)
  • Gehirnentwicklung: Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Menschen mit ADHS bestimmte Teile des Gehirns kleiner oder weniger aktiv sind als bei Menschen ohne ADHS.
  • Umweltfaktoren: Schwierigkeiten während der Schwangerschaft oder Geburt, wie z.B. Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht, Alkohol- oder Drogenkonsum während der Schwangerschaft, können das Risiko für ADHS erhöhen. Auch unstrukturierte oder stressige Umgebungen können ADHS begünstigen. Van der Bergh und Marcoen (2004) berichten über mehrere Langzeitfolgen von mütterlichem Stress, die mit einer sensiblen Periode während der Schwangerschaft in Verbindung zu stehen scheinen. Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von ADHS-Symptomen in der Kindheit und externalisierende Probleme wie Wutausbrüche und Angstzustände.
  • Chemische Ungleichgewichte im Gehirn: ADHS wird manchmal mit einer Dysfunktion bestimmter Neurotransmitter im Gehirn in Verbindung gebracht, insbesondere Dopamin und Noradrenalin.
  • Lebensstil: Ein unregelmässiger Lebensstil, wie schlechte Ernährung, Schlafmangel, mangelnde körperliche Bewegung und übermässiger Medienkonsum können das Risiko für ADHS erhöhen.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Menschen mit diesen Faktoren ADHS entwickeln und dass ADHS in der Regel durch eine Kombination von Faktoren entsteht. Eine «genaue» Diagnose kann nur von einem Facharzt für ADHS gestellt werden.

Behandlung

Die Behandlung von ADHS kann je nach Alter, Schweregrad der Symptome und individuellen Bedürfnissen des Patienten variieren. Im Allgemeinen umfasst die Behandlung von ADHS eine Kombination aus medikamentöser Therapie, Verhaltens- und Psychosozialtherapie sowie gezielten Interventionen in der Schule oder am Arbeitsplatz.

Medikamentöse Therapie: Bei ADHS werden Medikamente verschrieben, um Symptome wie Impulsivität, Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität zu lindern. Am häufigsten kommen dabei Stimulanzien wie Methylphenidat (z.B. Ritalin) oder Amphetamine (z.B. Adderall) zum Einsatz. Diese Mittel beeinflussen die Gehirnaktivität und tragen dazu bei, die ADHS-Symptome zu reduzieren.

Ritalin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das normalerweise zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Narkolepsie verschrieben wird. Wie bei vielen anderen Medikamenten kann auch Ritalin missbraucht werden, insbesondere von Menschen, die es nicht verschrieben bekommen haben, um eine bessere Leistung im Studium oder im Beruf zu haben, oder auch wegen seiner Verwendung als Freizeitdroge. Das hat bei Wissenschaftlern und Angehörigen auf der ganzen Welt Besorgnis ausgelöst. Der Missbrauch von Ritalin kann zu einer Reihe von unerwünschten Wirkungen führen. Der steigende Konsum ist nicht nur bei Kindern zu beobachten, sondern auch bei Jugendlichen und bei Erwachsenen (in Brasilien lag der Anstieg bei 775 % zwischen 2003 und 2012, laut einer Studie der Universidade do Estado do Rio de Janeiro).

Obwohl es seit den 1960er Jahren verwendet wird, sind die zellulären Mechanismen dieser Substanz noch unbekannt.

Ritalin und Kokain: Chemische Ähnlichkeiten

Beide Substanzen sind Stimulanzien und wirken auf ähnliche Weise im Gehirn. Hier sind einige Gemeinsamkeiten:

  • Wirkmechanismus: Sowohl Ritalin als auch Kokain erhöhen die Dopaminkonzentration im synaptischen Spalt, indem sie die Wiederaufnahme von Dopamin in die Nervenzellen blockieren. Dadurch bleibt das Dopamin länger im Spalt und verstärkt die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen.
  • Pharmakologische Wirkungen: Beide Substanzen können Euphorie, gesteigerte Wachsamkeit, gesteigertes Selbstvertrauen und eine erhöhte körperliche Leistungsfähigkeit auslösen. Sie können auch den Appetit unterdrücken und den Schlaf beeinträchtigen.
  • Risiken und Nebenwirkungen: Sowohl Ritalin als auch Kokain können bei übermässigem Konsum zu Abhängigkeit führen. Beide Substanzen können auch unerwünschte körperliche und psychische Nebenwirkungen verursachen, wie z.B. Herzrasen, Bluthochdruck, Angstzustände, Schlaflosigkeit und Psychosen. 

Obwohl es Gemeinsamkeiten zwischen Ritalin und Kokain gibt, gibt es auch wichtige Unterschiede zwischen den beiden Substanzen. Ritalin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das zur Behandlung von ADHS eingesetzt wird, während Kokain eine illegale Droge ist. Ritalin hat eine längere Halbwertszeit als Kokain und wirkt daher weniger stark und schneller nachlassend als Kokain.

Wieso wird Ritalin so schnell und so oft verschrieben?

Es gibt Kritik an der Häufigkeit, mit der Ritalin verschrieben wird. Einige argumentieren, dass es zu oft verschrieben wird und dass es bessere alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt. Andere stellen in Frage, ob ADHS überdiagnostiziert wird und ob Ritalin möglicherweise zu schnell und leichtfertig verschrieben wird, insbesondere an Kinder und Jugendliche. 

Der Verbrauch von Methylphenidat in Deutschland, stieg schliesslich von 1990 bis 2000 um mehr als das Zehnfache an, von 2000 bis 2010 noch einmal um das Dreifache, was ein starker Hinweis auf Medikalisierung und Übertherapie ist. 

Es ist daher wichtig, dass Ärzte bei der Verschreibung von Ritalin sorgfältig vorgehen und alternative Behandlungsmöglichkeiten in Betracht ziehen, bevor sie zu einem Medikament greifen.

Ritalin wird oft verschrieben, weil es bei vielen Menschen mit ADHS wirksam ist und in vielen Fällen zu einer schnellen, signifikanten Verbesserung der Symptome führen kann. Ärzte, Eltern und Kinder wollen eine schnelle Lösung haben. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Ritalin ein Medikament mit Nebenwirkungen ist. 

Ritalin – Wirkungen und Langzeitfolgen

Einige der möglichen Folgen der Einnahme von Ritalin umfassen eine Vielzahl von körperlichen und psychischen Nebenwirkungen, die sowohl kurzfristig als auch langfristig auftreten können:

Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Appetitlosigkeit und Schlafstörungen, insbesondere beim Ein- und Durchschlafen. Zudem können Übelkeit, eine Erhöhung von Blutdruck und Herzfrequenz sowie eine Belastung der Leber auftreten. In einigen Fällen besteht auch das Risiko von Tics, Psychosen oder psychischen Störungen wie Depressionen.

Abhängigkeit: Bei langfristiger Einnahme von Ritalin kann eine Abhängigkeit entstehen, insbesondere bei Personen, die das Medikament missbrauchen.
Wachstumsverzögerung: Kinder, die Ritalin über längere Zeit einnehmen, können eine Wachstumsverzögerung erleben.
Stimmungs- und Verhaltensänderungen: Bei einigen Menschen können Stimmungs- und Verhaltensänderungen auftreten, insbesondere bei abruptem Absetzen oder bei höheren Dosierungen des Medikaments.

Darüber hinaus gibt es Hinweise auf kardiovaskuläre Risiken. Eine dänische Kohortenstudie unter der Leitung von Søren Dalsgaard an der Aarhus Universität zeigte, dass ADHS-Medikamente, darunter auch Ritalin, ein geringes, aber statistisch relevantes kardiovaskuläres Nebenwirkungsprofil aufweisen. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Journal of Child and Adolescent Psychopharmacology veröffentlicht (http://dx.doi.org/10.1089/cap.2014.0020).

Eine weitere, 2019 in Radiology veröffentlichte randomisierte kontrollierte Studie (DOI: 10.1148/radiol.2019182528) untersuchte die Auswirkungen von Methylphenidat auf das Gehirn. Dabei stellten Forscher bei Jungen strukturelle Veränderungen im MRT fest, die bei erwachsenen Männern nicht beobachtet wurden. Die klinische Bedeutung dieser Veränderungen ist jedoch noch unklar.

Zusätzlich haben Forscher an der Universidade Federal do Rio Grande do Sul untersucht, wie sich Ritalin auf das entwickelnde Gehirn auswirkt. In dieser Studie injizierten Wissenschaftler Methylphenidat in junge Ratten, um den chronischen Konsum im Kindesalter nachzuahmen. Die Ratten wurden vom 15. bis zum 45. Lebenstag behandelt, was dem Zeitraum entspricht, in dem Kinder Ritalin einnehmen würden. Die Ergebnisse der Studie zeigten eine Zunahme von Entzündungsparametern, Veränderungen des oxidativen Stresses sowie des Aminosäureprofils. Zudem wurde eine Abnahme der ATP-Spiegel – dem Molekül, das als "Energiewährung" der Zellen fungiert – festgestellt. Ebenfalls beobachtet wurden ein Verlust von Astrozyten und Neuronen im Hippocampus, einer Hirnstruktur, die eine Schlüsselrolle bei der Steuerung von Emotionen, sozialem Verhalten und dem Kurz- und Langzeitgedächtnis spielt (14.08.2020 - Forscher analysieren die Auswirkungen von Ritalin auf das entwickelnde Gehirn — UFRGS | Universidade Federal do Rio Grande do Sul, http://www.ufrgs.br/english/the-university/news/researchers-analyze-the-effects-of-ritalin-on-the-developing-brain).

Zusätzliche Hinweise zu möglichen Nebenwirkungen, einschließlich der Verbindung zwischen Ritalin und Depressionen, sind auch im Beipackzettel des Medikaments zu finden (Ritalin und Depression – was Wissenschaftler sagen — zentrum-der-gesundheit.de).

Diese Studien und Forschungsergebnisse verdeutlichen, dass die langfristige Einnahme von Ritalin sorgfältig überwacht werden sollte, insbesondere bei Kindern, um mögliche Risiken und Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und zu minimieren.

    Nicht-medikamentöse Behandlungen für ADHS

    Es gibt verschiedene Behandlungen, die individuell oder in Kombination angewendet werden können. Hier sind einige Beispiele:

    1. Verhaltensmodifikation: Dies beinhaltet die Anwendung von Strategien wie positiver Verstärkung, um gewünschtes Verhalten zu fördern, sowie von Zeitmanagement- und Organisationsfähigkeiten, um den Alltag zu strukturieren.

    2. Verhaltens- und Psychosozialtherapie: Eine Form der Psychotherapie, die für ADHS-Patienten hilfreich sein kann, ist die kognitive Verhaltenstherapie. Diese konzentriert sich auf die Identifizierung und Bewältigung von Gedanken und Verhaltensweisen, die ADHS-Symptome verschlimmern. Verhaltenstherapie, Familientherapie und kognitive Verhaltenstherapie können dabei helfen, Symptome der ADHS zu reduzieren und dem Patienten Strategien zur Selbstregulation beizubringen. Diese Therapien können auch dabei helfen, Probleme im Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Beziehungen und Arbeitsplatzproblemen zu lösen.

    3. Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann helfen, ADHS-Symptome zu lindern. Dazu gehört, dass man viel Protein, Ballaststoffe und gesunde Fette zu sich nimmt und verarbeitete Lebensmittel sowie zuckerhaltige Getränke vermeidet.

    4. Bewegung: Regelmässige Bewegung kann helfen, Stress abzubauen und die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Sportarten wie Yoga, Pilates oder Tai Chi können besonders hilfreich sein.

    5. Ergotherapie: Diese Art von Therapie kann bei der Entwicklung von Fähigkeiten im Alltag und bei der Verbesserung der Feinmotorik helfen. Dies kann dazu beitragen, dass sich Patienten besser organisieren und ihre Aufgaben erledigen können.

    6. Schul- oder Arbeitsplatzinterventionen: Die Einbeziehung von Lehrern und Arbeitgebern in die Behandlung von ADHS kann dazu beitragen, die Symptome zu reduzieren und die Leistung des Patienten in Schule oder Arbeit zu verbessern. Zum Beispiel können Schulen IEPs (Individual Education Plans) erstellen, um den Schülern mit ADHS zusätzliche Unterstützung und Anpassungen zu bieten. Am Arbeitsplatz können Arbeitgeber beispielsweise flexible Arbeitszeiten oder Arbeitsanpassungen anbieten, um die Symptome des Patienten zu berücksichtigen.

    Es ist wichtig zu beachten, dass nicht-medikamentöse Behandlungen bei ADHS nicht für jeden Patienten gleich wirksam sind.

    Lieber «kranke» Kinder, als unglückliche, überfordernde oder nicht erfolgreiche Kinder?

    Der hohe Konsum von Ritalin ist inzwischen zu einem Thema für die UNO geworden. Es wird erwartet, dass die UNO der Schweiz empfiehlt, strengere Regelungen für die Verschreibung von Ritalin bei Kindern einzuführen.

    Der Schweizer UNO-Berater Pascal Rudin kritisiert die Behandlung von ADHS und den Umgang mit der Medikation deutlich. Er stellt die grundlegende Frage: „Was verstehen wir eigentlich unter dieser Störung?“ Er betont, dass ein Kind im schulischen Umfeld oft schnell als störend empfunden wird, dies jedoch noch lange nicht bedeutet, dass es tatsächlich eine medizinische Störung wie ADHS hat. ADHS wird zwar als Krankheit definiert, doch sie lässt sich medizinisch kaum messen. Rudin kritisiert, dass Kinder oft stigmatisiert werden, nur weil Ritalin kurzfristig wirkt und als effizient gilt. Die UNO könnte in diesem Zusammenhang auch ethische Grundprinzipien anmahnen, denn „Ärzte sollten uns therapieren, nicht unsere Leistung steigern.“

    Rudin weist zudem darauf hin, dass Ritalin nur dann gerechtfertigt sei, wenn eine echte biologisch-medizinische Grundlage für die Verschreibung vorliegt. Seiner Meinung nach trifft dies jedoch nur bei höchstens 5 % der Kinder zu, die heute Ritalin einnehmen. Bei den übrigen 95 % sei die Verschreibung von Psychopharmaka oft unnötig.

    Viele Kinder, die Ritalin einnehmen, lehnen das Medikament später ab, wenn sie älter werden. Was sie am meisten stört, ist der Verlust des Hungergefühls und das Gefühl, „nicht sie selbst“ zu sein, während das Medikament wirkt. Sie berichten, dass sie zwar sehr fokussiert arbeiten können, sich jedoch wie Maschinen fühlen, die kaum wahrnehmen, was um sie herum passiert.

    Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) der Schweiz nimmt die Problematik ernst und beobachtet die Entwicklungen rund um Ritalin und ADHS aufmerksam (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/gesundheitsfoerderung-und-praevention/praevention-fuer-kinder-und-jugendliche/adhs.html).

    In den letzten Jahren hat die Entwicklungspsychologie viel zum besseren Verständnis von ADHS beigetragen. Studien zeigen, dass die Symptome von ADHS bei vielen Kindern im Laufe der Zeit abnehmen, während andere weiterhin eine chronische Störung entwickeln. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass familiäre Umstände, genetische Veranlagungen und Umweltbedingungen eine wichtige Rolle in der Entwicklung und dem Fortschreiten von ADHS spielen können.

    Es ist wichtig, daran zu denken, dass Kinder sich ständig weiterentwickeln. Jedes Kind hat seine eigene einzigartige Persönlichkeit und entwickelt sich in seinem individuellen Tempo. Jede Phase der Entwicklung hat ihren Sinn und trägt zur Gesamtentwicklung bei. Dabei spielt die Umwelt eine entscheidende Rolle, um genetische Anlagen zur Entfaltung zu bringen.

    In unserer modernen Gesellschaft neigen wir jedoch dazu, immer schneller und besser sein zu wollen. Schwächen oder Fehler werden kaum toleriert – und das gilt besonders für unsere Kinder. Die Frustrationstoleranz wird geringer, und die Suche nach schnellen, einfachen Lösungen nimmt zu. Doch solche Lösungen können langfristig schmerzhafte Folgen haben. Stattdessen sollten wir empathisch auf die gesellschaftlichen und familiären Belastungen unseres Alltags blicken und diese reflektieren.

    Referenzen:

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    https://ruor.uottawa.ca/handle/10393/34386

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    Ritalin - Züchtung zukünftiger Süchtiger? | Paracelsus Recovery (paracelsus-recovery.com)

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    Stand der Forschung zu Methylphenidat:

    Die Cochrane Gesellschaft, ein unabhängiges, internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Gesundheitsfachleuten, hat eine Vielzahl von Studien zum Wirkstoff Methylphenidat ausgewertet. Die Wissenschaftler stellten dabei auch fest, dass eine Reihe der vorliegenden Studien qualitative Mängel aufweist. In der Schlussfolgerung zur systematischen Übersichtsarbeit heisst es: "Aufgrund der Qualität der verfügbaren Evidenz können wir derzeit nicht sicher sagen, ob Methylphenidat das Leben von Kindern und Jugendlichen mit ADHS verbessert. Methylphenidat geht mit einer Reihe von weniger schweren Nebenwirkungen wie Schlafproblemen und vermindertem Appetit einher. Obwohl wir keine Evidenz dafür fanden, dass das Risiko von schweren Nebenwirkungen erhöht ist, sind Studien mit längerer Nachbeobachtungszeit nötig, um dieses Risiko bei Menschen, die Methylphenidat über einen langen Zeitraum nehmen, besser einschätzen zu können. Weitere Informationen finden Sie unter www.cochrane.org

    Kategorie: abkürzungen ads/ ads kinder/ aufmerksamkeits/ betroffene/ überblick/ zappelphilipp/ kinder mit adhs/ erkrankung/ erwachsene/ kernsymptome/ aufmerksamkeit/ aufmerksamkeitsstörungen

    Geschrieben von Mara Schär

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