ADHD/ ADHS/ ADS. Ritalin Debatte. Normale hohe Energie oder Krankheit?

ADHD/ ADHS/ ADS/ ADD: Was ist der Unterschied?  

ADHD und ADHS sind Abkürzungen für dieselbe Störung: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Die Abkürzung "ADHD" wird hauptsächlich in Nordamerika und der englischsprachigen Welt verwendet, während "ADHS" die gebräuchlichere Abkürzung in Europa ist.

"ADS/ ADD" hingegen steht für "Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom" und wird manchmal verwendet, um eine abgeschwächte Form von ADHS zu beschreiben, bei der die hyperaktiven Symptome nicht so ausgeprägt sind. Allerdings ist ADS/ ADD kein offizieller Begriff in der medizinischen Diagnostik von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen und wird von vielen Experten als veralteter oder ungenauer Begriff angesehen.

Insgesamt beziehen sich alle diese Begriffe auf dieselbe grundlegende Störung, die durch Symptome wie Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität gekennzeichnet ist.

Überdiagnose von ADHS – Kann man ADHS wirklich diagnostizieren?

Es gibt eine Debatte darüber, ob ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) zu oft diagnostiziert wird. Einige argumentieren, dass es eine Überdiagnose gibt, insbesondere bei Kindern, da viele der Symptome auch bei anderen Erkrankungen oder einfach bei einem normalen Verhalten im Rahmen der Entwicklung auftreten können. Andere betonen jedoch, dass ADHS eine tatsächliche neurologische Störung ist, die bei vielen Menschen vorkommt und dass eine Unterversorgung schädlich sein kann, da unbehandelte ADHS zu Problemen in der Schule, Arbeit und Beziehungen führen kann.

Es ist auch wichtig zu berücksichtigen, dass die Diagnose von ADHS ein komplexer Prozess ist, der eine sorgfältige Bewertung der Symptome, der Vorgeschichte und anderer Faktoren erfordert. Eine genaue Diagnose setzt voraus, dass andere Bedingungen ausgeschlossen werden und dass die Symptome signifikant genug sind, um das tägliche Leben zu beeinträchtigen.

Trotz langjähriger Forschung gibt es keinen Test, keine Biomarker, die diese Störungen schnell und zweifelsfrei nachweisen könnten.

Forscher warnen vor dem potenziellen Risiko einer falschen Diagnose von ADHS. Weil es keinen klinischen Marker dafür gibt, die Störungsdiagnostik hängt von einer Verhaltensanalyse ab, und manchmal kann die natürliche Unruhe des Kindes als ADHS-Symptom fehlinterpretiert werden. Das diagnostische und statistische Handbuch für psychische Störungen legt die Kriterien fest die berücksichtigt werden sollten, um ein Kind mit ADHS zu diagnostizieren oder nicht. Was Experten jedoch in der Praxis sehen, ist dass, diese Kriterien von den Praktizierenden im Alltag, nicht immer berücksichtigt werden.

Symptome von ADHS

Die Symptome von ADHS können je nach Person unterschiedlich sein, aber sie umfassen oft:

  • Unaufmerksamkeit: Schwierigkeiten, sich auf eine Aufgabe oder Aktivität zu konzentrieren, Anweisungen zu befolgen oder Details zu beachten, Vergesslichkeit, leichte Ablenkung.
  • Hyperaktivität: Übermässige körperliche Bewegung, Zappeln, Herumlaufen, Schwierigkeiten, ruhig zu sitzen, Reden ohne Pause.
  • Impulsivität: Handeln, bevor man nachdenkt, Schwierigkeiten, abzuwarten, Schwierigkeiten, das eigene Verhalten zu kontrollieren, zum Beispiel mit Unterbrechungen, schnelles Antworten oder schnelles Agieren.

Was sagen Unterstützer dazu? 

  • Mehr Diagnosen spiegeln ein erhöhtes Bewusstsein wider
  • ADHS ist eine echte neurologische Störung
  • ADHS wird mit abnormer Gehirnstruktur und -Aktivität in Verbindung gebracht

Was sagen Skeptiker dazu?

  • Energetic child + boring school = ADHS Overdiagnosis
  • Kinder sind nicht dafür gemacht, stundenlang drinnen, auf Stühlen zu sitzen.
  • Die jüngsten Kinder in einer Klasse sind tendenziell zappeliger – und werden häufiger diagnostiziert
  • Ältere Schüler suchen möglicherweise nach stimulierenden ADHS-Medikamenten - "Good-grade Pills" (Schwarz, 2012). Eltern manchmal auch!
  • Was sind die langfristigen Auswirkungen einer medikamentösen Behandlung?
  • Warum die Zunahme von ADHS-Diagnosen und -Medikamenten? 

Neurotransmitterstoffwechsels im synaptischen Spalt

Ein Dopaminmangel ist verantwortlich für spezielle Verhaltensweisen, Wahrnehmung und kognitive Fähigkeiten.

Bei ADHS-Betroffenen finden sich an der Präsynapse eine höhere Anzahl der Dopamintransporter. Durch diese kann mehr Dopamin aus dem synaptischen Spalt zurückgeführt werden. Dieser Zustand führt dazu, dass nicht genügend Dopamin in dem synaptischen Spalt bleibt. Dies bezeichnet man als Dopaminmangel. 

Die Ursachen von ADHS

Die Ursachen von ADHS sind noch nicht vollständig verstanden, aber es gibt verschiedene Faktoren, die zu einer ADHS-Diagnose beitragen können:

  • Genetik: ADHS kann vererbt werden. Studien haben gezeigt, dass Gene eine Rolle bei der Entstehung von ADHS spielen können. (Nikolas & Burt, 2010)
  • Gehirnentwicklung: Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Menschen mit ADHS bestimmte Teile des Gehirns kleiner oder weniger aktiv sind als bei Menschen ohne ADHS.
  • Umweltfaktoren: Schwierigkeiten während der Schwangerschaft oder Geburt, wie z.B. Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht, Alkohol- oder Drogenkonsum während der Schwangerschaft, können das Risiko für ADHS erhöhen. Auch unstrukturierte oder stressige Umgebungen können ADHS begünstigen. Van der Bergh und Marcoen (2004) berichten über mehrere Langzeitfolgen von mütterlichem Stress, die mit einer sensiblen Periode während der Schwangerschaft in Verbindung zu stehen scheinen. Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von ADHS-Symptomen in der Kindheit und externalisierende Probleme wie Wutausbrüche und Angstzustände.
  • Chemische Ungleichgewichte im Gehirn: ADHS wird manchmal mit einer Dysfunktion bestimmter Neurotransmitter im Gehirn in Verbindung gebracht, insbesondere Dopamin und Noradrenalin.
  • Lebensstil: Ein unregelmässiger Lebensstil, wie schlechte Ernährung, Schlafmangel, mangelnde körperliche Bewegung und übermässiger Medienkonsum können das Risiko für ADHS erhöhen.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Menschen mit diesen Faktoren ADHS entwickeln und dass ADHS in der Regel durch eine Kombination von Faktoren entsteht. Eine «genaue» Diagnose kann nur von einem Facharzt für ADHS gestellt werden.

Behandlung:

Die Behandlung von ADHS kann je nach Alter, Schweregrad der Symptome und individuellen Bedürfnissen des Patienten variieren. Im Allgemeinen umfasst die Behandlung von ADHS eine Kombination aus medikamentöser Therapie, Verhaltens- und Psychosozialtherapie sowie gezielten Interventionen in der Schule oder am Arbeitsplatz.

Medikamentöse Therapie: Medikamente werden bei ADHS verschrieben, die Symptome wie Impulsivität, Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität lindern. Die häufigsten Medikamente, die zur Behandlung von ADHS eingesetzt werden, sind Stimulanzien wie Methylphenidat (z.B. Ritalin) oder Amphetamine (z.B. Adderall). Diese Medikamente wirken, indem sie die Aktivität im Gehirn beeinflussen und die Symptome der ADHS verringern.

Ritalin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das normalerweise zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Narkolepsie verschrieben wird. Wie bei vielen anderen Medikamenten kann auch Ritalin missbraucht werden, insbesondere von Menschen, die es nicht verschrieben bekommen haben, um eine bessere Leistung im Studium oder im Beruf zu haben, oder auch wegen seiner Verwendung als Freizeitdroge. Das hat bei Wissenschaftlern und Angehörigen auf der ganzen Welt Besorgnis ausgelöst. Der Missbrauch von Ritalin kann zu einer Reihe von unerwünschten Wirkungen führen. Der steigende Konsum ist nicht nur bei Kindern zu beobachten, sondern auch bei Jugendlichen und bei Erwachsenen (in Brasilien lag der Anstieg bei 775 % zwischen 2003 und 2012, laut einer Studie der Universidade do Estado do Rio de Janeiro).

Obwohl es seit den 1960er Jahren verwendet wird, sind die zellulären Mechanismen dieser Substanz noch unbekannt.

Ritalin und Kokain: Chemische Ähnlichkeiten

Beide Substanzen sind Stimulanzien und wirken auf ähnliche Weise im Gehirn. Hier sind einige Gemeinsamkeiten:

  • Wirkmechanismus: Sowohl Ritalin als auch Kokain erhöhen die Konzentration von Dopamin im Gehirn, indem sie die Wiederaufnahme von Dopamin in den Nervenzellen hemmen. Dadurch bleibt Dopamin länger im synaptischen Spalt und verstärkt die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen.
  • Pharmakologische Wirkungen: Beide Substanzen können Euphorie, gesteigerte Wachsamkeit, gesteigertes Selbstvertrauen und eine erhöhte körperliche Leistungsfähigkeit auslösen. Sie können auch den Appetit unterdrücken und den Schlaf beeinträchtigen.
  • Risiken und Nebenwirkungen: Sowohl Ritalin als auch Kokain können bei übermässigem Konsum zu Abhängigkeit führen. Beide Substanzen können auch unerwünschte körperliche und psychische Nebenwirkungen verursachen, wie z.B. Herzrasen, Bluthochdruck, Angstzustände, Schlaflosigkeit und Psychosen.

Obwohl es Gemeinsamkeiten zwischen Ritalin und Kokain gibt, gibt es auch wichtige Unterschiede zwischen den beiden Substanzen. Ritalin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das zur Behandlung von ADHS eingesetzt wird, während Kokain eine illegale Droge ist. Ritalin hat eine längere Halbwertszeit als Kokain und wirkt daher weniger stark und schneller nachlassend als Kokain.

Wieso wird Ritalin so schnell und so oft verschrieben?

Es gibt auch Kritik an der Häufigkeit, mit der Ritalin verschrieben wird. Einige argumentieren, dass es zu oft verschrieben wird und dass es bessere alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt. Andere stellen in Frage, ob ADHS überdiagnostiziert wird und ob Ritalin möglicherweise zu schnell und leichtfertig verschrieben wird, insbesondere an Kinder und Jugendliche. 

Der Verbrauch von Methylphenidat in Deutschland, bekannt vor allem als Ritalin, stieg schliesslich von 1990 bis 2000 um mehr als das Zehnfache an, von 2000 bis 2010 noch einmal um das Dreifache, was ein starker Hinweis auf Medikalisierung und Übertherapie ist. 

Es ist daher wichtig, dass Ärzte bei der Verschreibung von Ritalin sorgfältig vorgehen und alternative Behandlungsmöglichkeiten in Betracht ziehen, bevor sie zu einem Medikament greifen.

Ritalin wird oft verschrieben, weil es bei vielen Menschen mit ADHS wirksam ist und in vielen Fällen zu einer schnellen, signifikanten Verbesserung der Symptome führen kann. Ärzte, Eltern und Kinder wollen eine schnelle Lösung haben. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Ritalin ein Medikament mit Nebenwirkungen ist. 

Ritalin – Wirkungen und Langzeitfolgen

Einige der Folgen von Ritalin können sein:

  • Am häufigsten leiden Kinder unter Appetitlosigkeit und (Ein-) Schlafstörungen. Es treten aber auch Übelkeit auf, Blutdruck und Herzfrequenz erhöhen sich, die Leber wird belastet. Auch gibt es ein Risiko für Tics, Psychosen oder psychische Störungen wie Depressionen.
  • Abhängigkeit: Wenn Ritalin über einen längeren Zeitraum eingenommen wird, kann eine Abhängigkeit entstehen, insbesondere bei Menschen, die das Medikament missbrauchen.
  • Wachstumsverzögerung: Bei Kindern, die Ritalin über einen längeren Zeitraum einnehmen, kann es zu einer Verzögerung des Wachstums kommen.
  • Stimmungsänderungen: Ritalin kann bei manchen Menschen Stimmungsänderungen verursachen, insbesondere wenn das Medikament abrupt abgesetzt wird.
  • Verhaltensänderungen: Bei manchen Menschen kann Ritalin zu Verhaltensänderungen führen, insbesondere bei höheren Dosierungen oder bei längerer Einnahme.
  • ADHS-Medikamente haben einer dänischen Studie zufolge ein geringes, aber statistisch relevantes kardiovaskuläres Nebenwirkungsprofil. Die Arbeitsgruppe um Søren Dalsgaard an der Aarhus Universität veröffentlichte die Ergebnisse ihrer Kohortenstudie im Journal of Child and Adolescent Psychopharmacology (http://dx.doi.org/10.1089/cap.2014.0020).  
  • Die Behandlung mit Methylphenidat, hat in einer randomisierten kontrollierten Studie in Radiology (2019; DOI: 10.1148/radiol.2019182528) bei Jungen, nicht aber bei männlichen Erwachsenen, zu Veränderungen in der Magnetresonanztomografie (MRT) geführt, die auf strukturelle Veränderungen des Gehirns hindeuten. Die klinische Bedeutung der Befunde ist unklar.
  • 14.08.2020 - Forscher analysieren die Auswirkungen von Ritalin auf das entwickelnde Gehirn — UFRGS | Universidade Federal do Rio Grande do Sul (http://www.ufrgs.br/english/the-university/news/researchers-analyze-the-effects-of-ritalin-on-the-developing-brain ). Um die Situation des chronischen Konsums im Kindesalter nachzuahmen, injizierten Wissenschaftler Methylphenidat in Ratten ab dem 15. bis zum 45. Lebenstag. Dieser Zeitraum würde in menschlicher Hinsicht dem von Kindern entsprechen, die Ritalin nehmen würden. Was haben die Wissenschaftler beobachtet? Eine Zunahme von Entzündungsparametern, Veränderungen des oxidativen Stresses und des Aminosäureprofils und eine Abnahme des ATP Ebenen - Molekül bekannt als die Energiewährung der Zellen, die für die Speicherung von Energie verantwortlich ist. Ausserdem kam es zu einem Verlust von Astrozyten und Neuronen im Hippocampus, eine zerebrale Struktur, die ein wichtiger Bestandteil des limbischen Systems ist (diese Einheit ist für Emotionen und soziales Verhalten verantwortlich und übernimmt eine grundlegende Rolle bei der Speicherung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses).
  • Auf dem Beipackzettel gibt es noch andere Hinweise: Ritalin und Depression – was Wissenschaftler sagen (zentrum-der-gesundheit.de)

Nicht-medikamentöse Behandlungen für ADHS:

Es gibt verschiedene Behandlungen, die individuell oder in Kombination angewendet werden können. Hier sind einige Beispiele:

  1. Verhaltensmodifikation: Dies beinhaltet die Anwendung von Strategien wie positiver Verstärkung, um gewünschtes Verhalten zu fördern, sowie von Zeitmanagement- und Organisationsfähigkeiten, um den Alltag zu strukturieren.

  2. Verhaltens- und Psychosozialtherapie: Eine Form der Psychotherapie, die für ADHS-Patienten hilfreich sein kann, ist die kognitive Verhaltenstherapie. Diese konzentriert sich auf die Identifizierung und Bewältigung von Gedanken und Verhaltensweisen, die ADHS-Symptome verschlimmern. Verhaltenstherapie, Familientherapie und kognitive Verhaltenstherapie können dabei helfen, Symptome der ADHS zu reduzieren und dem Patienten Strategien zur Selbstregulation beizubringen. Diese Therapien können auch dabei helfen, Probleme im Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Beziehungen und Arbeitsplatzproblemen zu lösen.

  3. Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann helfen, ADHS-Symptome zu lindern. Dazu gehört, dass man viel Protein, Ballaststoffe und gesunde Fette zu sich nimmt und verarbeitete Lebensmittel sowie zuckerhaltige Getränke vermeidet.

  4. Bewegung: Regelmässige Bewegung kann helfen, Stress abzubauen und die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Sportarten wie Yoga, Pilates oder Tai Chi können besonders hilfreich sein.

  5. Ergotherapie: Diese Art von Therapie kann bei der Entwicklung von Fähigkeiten im Alltag und bei der Verbesserung der Feinmotorik helfen. Dies kann dazu beitragen, dass sich Patienten besser organisieren und ihre Aufgaben erledigen können.

  6. Schul- oder Arbeitsplatzinterventionen: Die Einbeziehung von Lehrern und Arbeitgebern in die Behandlung von ADHS kann dazu beitragen, die Symptome zu reduzieren und die Leistung des Patienten in Schule oder Arbeit zu verbessern. Zum Beispiel können Schulen IEPs (Individual Education Plans) erstellen, um den Schülern mit ADHS zusätzliche Unterstützung und Anpassungen zu bieten. Am Arbeitsplatz können Arbeitgeber beispielsweise flexible Arbeitszeiten oder Arbeitsanpassungen anbieten, um die Symptome des Patienten zu berücksichtigen.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht-medikamentöse Behandlungen bei ADHS nicht für jeden Patienten gleich wirksam sind.

Lieber «kranke» Kinder, als unglückliche, überfordernde oder nicht erfolgreiche Kinder?

Der hohe Ritalin-Konsum werde zum Thema für die UNO. Die UNO dürfte der Schweiz deshalb empfehlen, strengere Regeln für den Ritalin-Konsum von Kindern aufzustellen.

Der Schweizer UNO-Berater Pascal Rudin kritisiert ADHS und ihre Medikation:

„Die Kernfrage lautet also: Was ist unser Verständnis von der Störung? Klar ist, dass ein Kind im schulischen Umfeld relativ schnell einmal stören kann. Aber das heisst noch nicht, dass es eine Störung im medizinischen Sinn hat. Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ADHS wird als Krankheit definiert, lässt sich aber medizinisch kaum messen. Es werden also Kinder stigmatisiert, nur weil Ritalin kurzfristig funktioniert und effizient ist. Die UNO dürfte in diesem Zusammenhang auch auf grundlegende ethische Prinzipien verweisen: Ärzte sollten uns therapieren, nicht unsere Leistung steigern.“ 

"Rudin weist weiter darauf hin, dass „Ritalin“ nur dann berechtigt sei, wenn man eine echte biologisch-medizinische Grundlage für die Verschreibung habe. Dies treffe aber bei höchstens 5% der Kinder zu, die heute entsprechende Medikamente einnehmen, so dass bei 95% der Kinder –also fast immer- diese Psychopharmaka überflüssig seien."

Viele Kinder wollen Ritalin und Co. nicht mehr nehmen, wenn sie älter werden. Was sie am meisten stört: Dass ihr Hunger verschwindet. Und sie irgendwie nicht sich selbst sind, während das Medikament wirkt. Dass sie sehr fokussiert arbeiten können, sich aber gleichzeitig vorkommen wie eine Maschine und kaum wahrnehmen, was um sie herum passiert. 

BAG Schweiz nimmt die Problematik auch ernst und beobachtet die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Thema Ritalin / ADHS: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/gesundheitsfoerderung-und-praevention/praevention-fuer-kinder-und-jugendliche/adhs.html

Die Entwicklungspsychologie hat in den letzten Jahren viel zum Verständnis von ADHS beigetragen. Zum Beispiel haben Studien gezeigt, dass ADHS-Symptome im Laufe der Zeit bei vielen Kindern abnehmen, während andere eine chronische Störung aufweisen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass bestimmte Faktoren wie familiäre Umstände, Gene und Umweltbedingungen die Entwicklung und das Fortschreiten von ADHS beeinflussen können.

Wir sollten nicht vergessen, dass unsere Kinder sich entwickeln. Jeder hat seine eigene bunte, einzigartige Persönlichkeit, sein eigenes Tempo und braucht bestimmte Phasen im Leben, die eine wichtige Rolle bei der Entwicklung spielen. Anlage braucht die Umwelt, um sich zu manifestieren. Jede Entwicklungsphase hat einen Sinn an und für sich.

Heutzutage möchten wir einfach schneller und besser sein und überall performen. Wir dürfen keine Schwäche zeigen oder Fehler machen. Unsere Kinder sowieso nicht. Die Frustrationstoleranz wird auch immer kleiner, deswegen suchen Menschen nach schnelleren, einfacheren Lösungen. Die aber manchmal schmerzhafte Langzeitfolgen haben können.

Sollten wir nicht lieber empathisch unsere gesellschaftlich-familiären Alltagsbelastungen reflektieren und behandeln? 

Referenzen:

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/59181/ADHS-Medikamente-bei-Kindern-erhoehen-kardiovaskulaeres-Risiko

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/105309/ADHS-Veraendert-Methylphenidat-die-Hirnentwicklung-von-Kindern#:~:text=Methylphenidat%2C%20das%20als%20Ritalin%20und,die%20Teilnahme%20am%20Unterricht%20erleichtert

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https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/medikamente/risiko/adhs-medikament-ritalin-gewoehnungseffekt-kann-wirkung-vermindern_id_2541535.html#:~:text=In%20einer%20Langzeitstudie%20haben%20Forscher,Medikament%20eigentlich%20gehemmt%20werden%20soll.

Ritalin - Züchtung zukünftiger Süchtiger? | Paracelsus Recovery (paracelsus-recovery.com)

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Stand der Forschung zu Methylphenidat:

Die Cochrane Gesellschaft, ein unabhängiges, internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Gesundheitsfachleuten, hat eine Vielzahl von Studien zum Wirkstoff Methylphenidat ausgewertet. Die Wissenschaftler stellten dabei auch fest, dass eine Reihe der vorliegenden Studien qualitative Mängel aufweist. In der Schlussfolgerung zur systematischen Übersichtsarbeit heisst es: "Aufgrund der Qualität der verfügbaren Evidenz können wir derzeit nicht sicher sagen, ob Methylphenidat das Leben von Kindern und Jugendlichen mit ADHS verbessert. Methylphenidat geht mit einer Reihe von weniger schweren Nebenwirkungen wie Schlafproblemen und vermindertem Appetit einher. Obwohl wir keine Evidenz dafür fanden, dass das Risiko von schweren Nebenwirkungen erhöht ist, sind Studien mit längerer Nachbeobachtungszeit nötig, um dieses Risiko bei Menschen, die Methylphenidat über einen langen Zeitraum nehmen, besser einschätzen zu können. Weitere Informationen finden Sie unter www.cochrane.org

Geschrieben von Mara Schär

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