
Hast du dich schon einmal gefragt: Was sind eigentlich meine persönlichen Stärken? Dann geht es dir wie vielen Menschen. Denn wir lernen selten, unsere Fähigkeiten bewusst wahrzunehmen. Oft sehen wir schneller unsere Schwächen, als das, was uns wirklich ausmacht.
Charakterstärken – Schlüssel zum gelingenden Leben
Die Positive Psychologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Defizite und psychische Krankheiten zu untersuchen, sondern auch die Bedingungen für ein erfülltes, gelingendes Leben zu erforschen. Im Zentrum stehen dabei die sogenannten Charakterstärken, also moralisch positiv bewertete Persönlichkeitsmerkmale, die uns helfen, Herausforderungen zu bewältigen, Beziehungen zu pflegen und Sinn im Leben zu finden (Peterson & Seligman, 2004).
Charakterstärken wie Hoffnung, Ausdauer, soziale Intelligenz oder Dankbarkeit sind nicht nur theoretische Konzepte, sie zeigen sich im Alltag als konkrete Handlungen und Einstellungen. Studien belegen, dass Menschen, die ihre sogenannten Signaturstärken (die zu ihrer Persönlichkeit am besten passenden Stärken) regelmässig einsetzen, signifikant mehr Arbeitszufriedenheit und Lebenssinn empfinden. Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang am Arbeitsplatz: Wer mindestens vier seiner wichtigsten Stärken in seinem Beruf anwenden kann, erlebt nicht nur mehr Freude bei der Arbeit, sondern sieht diese oft sogar als persönliche Berufung (Harzer & Ruch, 2013).
Gleichzeitig zeigen Längsschnittstudien, dass viele Charakterstärken über die Zeit stabil bleiben, ähnlich wie Persönlichkeitsmerkmale, und somit als „trait-like“ gelten können (Gander et al., 2020). Dies spricht dafür, dass sie entwickelbar und gezielt förderbar sind – etwa durch Reflexion, Coaching oder positive Institutionen, die ihre Anwendung begünstigen. Charakterstärken sind daher nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern ein praktisches Werkzeug zur Förderung von Resilienz, Selbstwirksamkeit und Wohlbefinden.
Warum ist es wichtig, die eigenen Stärken zu kennen?
Hier sind drei Gründe, warum es sich lohnt, deine Stärken zu erkennen:
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Selbstvertrauen stärken: Wer weiss, was er kann, geht selbstbewusster durchs Leben – und lässt sich weniger von Zweifeln aufhalten.
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Bessere Entscheidungen treffen: Wenn du deine Stärken kennst, kannst du den Job, die Stelle oder das Projekt wählen, das wirklich zu dir passt.
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Im Vorstellungsgespräch überzeugen: Eine gute Antwort auf die Frage nach deinen Stärken und Schwächen kann im Bewerbungsgespräch entscheidend sein.
Was sind persönliche Stärken? Eine einfache Definition
Charakterstärken sind positive, überdauernde Eigenschaften einer Person, die sich in Denken, Fühlen und Handeln zeigen und das individuelle wie auch soziale Wohlbefinden fördern. Sie gelten als moralisch geschätzt, kulturübergreifend relevant und können gezielt entwickelt und gestärkt werden.
Definition nach der Positiven Psychologie (Peterson & Seligman, 2004)
„Charakterstärken sind die psychologischen Bausteine der Tugenden – messbare, trainierbare Eigenschaften, die sich in positiven Handlungen ausdrücken.“
Die Charakterstärken der Positiven Psychologie basieren auf dem VIA-Klassifikationssystem (Values in Action), das von Christopher Peterson und Martin Seligman (2004) entwickelt wurde. Sie definieren 24 Charakterstärken, die sechs universellen Tugenden zugeordnet sind.
Diese 24 Stärken sind kulturübergreifend identifiziert worden und können durch Reflexion, Coaching oder Training bewusst gestärkt und gefördert werden.
Hier ist die vollständige Übersicht:
1. Weisheit und Wissen
Kognitive Stärken, die den Erwerb und die Anwendung von Wissen unterstützen:
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Kreativität – originelle und nützliche Ideen entwickeln
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Neugier – aktives Interesse an Erfahrungen und Neuem
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Urteilsvermögen (kritisches Denken) – sorgfältige Abwägung von Informationen
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Liebe zum Lernen – Freude daran, neues Wissen zu erwerben
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Weisheit (Weitblick) – mit Lebenserfahrung gute Entscheidungen treffen
2. Mut
Emotionale Stärken, die innere Kraft und Standhaftigkeit in schwierigen Situationen zeigen:
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Tapferkeit – sich Bedrohungen oder Schmerz stellen
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Ausdauer (Persistenz) – trotz Hindernissen zielstrebig handeln
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Integrität (Authentizität) – ehrlich, aufrichtig und sich selbst treu sein
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Tatendrang (Enthusiasmus) – mit Energie und Begeisterung handeln
3. Menschlichkeit
Stärken im zwischenmenschlichen Bereich, die Fürsorglichkeit und Nähe fördern:
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Liebe – enge, wertschätzende Beziehungen pflegen
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Freundlichkeit – anderen mit Mitgefühl und Grosszügigkeit begegnen
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Soziale Intelligenz – Emotionen anderer verstehen und angemessen darauf reagieren
4. Gerechtigkeit
Zivilbezogene Stärken, die für ein gutes Zusammenleben wichtig sind:
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Fairness – andere gerecht und unvoreingenommen behandeln
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Führungsvermögen – Verantwortung übernehmen und Gruppen effektiv anleiten
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Teamfähigkeit (Loyalität) – zuverlässig und kooperativ im Team handeln
5. Mässigung
Stärken, die exzessives Verhalten ausgleichen und Balance ermöglichen:
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Vergebungsbereitschaft – anderen Fehler nicht dauerhaft nachtragen
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Bescheidenheit – die eigenen Leistungen nicht überbetonen
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Vorsicht – umsichtig und verantwortungsvoll handeln
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Selbstregulation – Impulse, Emotionen und Verhalten kontrollieren
6. Transzendenz
Sinnorientierte Stärken, die Verbindung zu etwas Grösserem als dem Selbst fördern:
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Sinn für das Schöne – Schönheit in Natur, Kunst und Alltag wahrnehmen
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Dankbarkeit – Wertschätzung für Positives im Leben ausdrücken
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Hoffnung – auf eine gute Zukunft vertrauen und darauf hinarbeiten
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Humor – Freude und Leichtigkeit fördern
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Spiritualität – Orientierung an Werten und Sinnfragen im Leben
Wie du deine persönlichen Stärken findest
Du musst kein Psychologie-Studium machen, um deine Stärken zu erkennen. Aber ein wenig Selbstreflexion hilft. Hier sind drei einfache Methoden:
1. Rückblick: Wo warst du in deinem Element?
Denk an Momente zurück, in denen du völlig aufgegangen bist – in der Arbeit, in einem Projekt oder im Gespräch. Was hast du gemacht? Welche deiner Fähigkeiten waren dabei gefragt?
2. Feedback einholen
Frag Menschen, die dir nahestehen: „Was schätzt du an mir?“ – Du wirst überrascht sein, wie viele Kompetenzen andere in dir sehen, die du selbst vielleicht unterschätzt hast.
3. Persönlichkeitstest
Ein guter Einstieg ist ein Persönlichkeitstest, z. B. der VIA-Stärkentest oder der 16-Personalities-Test. Solche Tests liefern dir erste Hinweise und eine objektive Einschätzung deiner Stärken.
Die Verbindung von Stärken und Beruf
Deine Stärken sollten sich auch in deinem Arbeitsalltag wiederfinden. Das macht langfristig zufrieden und erfolgreich.
Beispiel:
Wenn du sehr kundenorientiert bist, wäre ein Beruf im Service, Vertrieb oder Coaching vielleicht ideal für dich. Wenn du analytisch denkst, könnte die Arbeit mit Zahlen, Daten oder Strategien genau das Richtige sein.
Tipp: Schau dir die Anforderungen in Stellenanzeigen genau an und vergleiche sie mit deiner Stärken-Liste. So findest du Unternehmen, Branchen oder Berufsfelder, die wirklich zu dir passen.
Stärken richtig im Bewerbungsgespräch präsentieren
Die berühmte Frage nach den Stärken und Schwächen kommt in fast jedem Bewerbungsgespräch. Und genau hier kannst du glänzen – mit Klarheit, Ehrlichkeit und guten Formulierungen.
Hier einige Beispiele:
Mögliche Stärken:
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„Ich bin sehr kommunikationsstark und kann auch in schwierigen Gesprächen ruhig und klar bleiben.“
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„Ich zeige Eigeninitiative und übernehme gerne Verantwortung, wenn ich Entwicklungspotenzial sehe.“
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„Meine Zuverlässigkeit wird oft von Kolleg:innen und Arbeitgebern gelobt – ich halte Deadlines und Zusagen ein.“
Mögliche Schwächen (aber gut verpackt):
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„Ich sage manchmal zu oft Ja, arbeite aber aktiv daran, Grenzen klarer zu setzen.“
Wichtig ist: Bleib authentisch. Lieber ehrliche Antworten mit echtem Bezug zu deinem Leben und deiner Arbeit.
Persönliche Stärken im Anschreiben und Lebenslauf
Auch im Anschreiben kannst du deine Stärken betonen – am besten in Verbindung mit einem konkreten Beispiel.
Formulierungstipp:
„Durch meine langjährige Erfahrung im Kundenkontakt konnte ich meine Kommunikationsfähigkeit und Kundenorientierung gezielt einsetzen, auch in herausfordernden Situationen.“
Und im Lebenslauf? Hier kannst du unter „Persönliche Kompetenzen“ eine kurze Liste einfügen – z. B.:
Persönliche Stärken:
Zuverlässigkeit | Eigeninitiative | Kommunikationsstärke | Struktur | Teamfähigkeit
Vom Test zum echten Leben: Wie du deine Stärken im Alltag nutzt
Es geht nicht nur um die Bewerbung, auch im Privatleben kannst du deine Stärken aktiv nutzen:
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Deine Belastbarkeit hilft dir, in stressigen Familienphasen ruhig zu bleiben
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Deine Kreativität zeigt sich bei der Lösung kleiner Alltagsprobleme
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Deine Empathie macht dich zu einer wertvollen Freundin oder Partnerin
Erkenne, was in dir steckt, und gib deinen Talenten Raum, sich zu entfalten.
Deine persönlichen Stärken sind der Schlüssel zu deinem Erfolg
Ob im Job, im Bewerbungsgespräch, im Arbeitsalltag oder im persönlichen Leben: Deine Stärken sind dein Fundament. Sie helfen dir, Herausforderungen zu meistern, Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen, die wirklich zu dir passen.
Und das Beste: Du kannst sie entwickeln, vertiefen, anpassen, ein Leben lang. Es ist nie zu spät, sich neu kennenzulernen.
Also nimm dir Raum. Reflektiere. Schreib deine Stärken auf. Und erinnere dich: Du hast mehr zu bieten, als du vielleicht glaubst.
Wenn du möchtest, begleite ich dich gerne auf diesem Weg – mit Impulsen, Workbooks und persönlicher Unterstützung. Trage dich auf meiner Website ein und bleib mit meinen Artikeln und Karrieretipps verbunden.
Wenn du mehr über deine persönlichen Stärken erfahren möchtest, kannst du gerne mein Workbook zu Charakterstärken nutzen, es enthält viele praktische Übungen, Reflexionsfragen und Impulse, mit denen du deine Stärken Schritt für Schritt entdecken kannst. Oder buche eine 1:1 Coaching-Session mit mir: Gemeinsam machen wir wissenschaftlich fundierte Tests, um deine Signaturstärken zu identifizieren, also genau jene Stärken, die dich besonders ausmachen und dir Energie, Freude und Sinn geben. Diese Signaturstärken sind ein kraftvoller Schlüssel für persönliche Entwicklung, berufliche Klarheit und ein erfülltes Leben.
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Literaturverweise:
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Peterson, C., & Seligman, M. E. P. (2004). Character Strengths and Virtues: A Handbook and Classification. Oxford University Press.
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Harzer, C., & Ruch, W. (2013). The application of signature character strengths and positive experiences at work. Journal of Happiness Studies, 14(3), 965–983.
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Gander, F., Hofmann, J., Proyer, R. T., & Ruch, W. (2020). Character strengths: Stability and change. Journal of Personality, 88(6), 1117–1144.
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