Ein Blick über den kulturellen Tellerrand: Geschlechterrollen im Vergleich

In unserer Gesellschaft gibt es traditionell unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen an Männer und Frauen. Doch sind diese Rollenbilder universell oder gibt es kulturelle Unterschiede? Der Vergleich verschiedener Gesellschaften bietet spannende Einblicke in die Vielfalt der Geschlechterrollen.

Margaret Meads Forschung

Eine der bekanntesten Forscherinnen in diesem Bereich ist die Anthropologin Margaret Mead. In den 1930er Jahren untersuchte sie die Geschlechterrollen in drei Stämmen auf der Insel Neuguinea. Dabei stellte sie fest, dass die Geschlechterrollen sehr unterschiedlich ausgeprägt waren. In der Arapesh-Gesellschaft waren beispielsweise Männer und Frauen gleichermaßen kooperativ, nicht aggressiv und sensibel gegenüber den Bedürfnissen anderer.

In anderen Gesellschaften, wie den Mundugumor, waren dagegen sowohl Männer als auch Frauen aggressiv und dominant. In der dritten untersuchten Gesellschaft, den Tchambuli, waren die traditionellen Geschlechterrollen sogar umgekehrt: Frauen übernahmen traditionell die dominanten Rollen in der Gesellschaft, während Männer eher passiv und emotional waren.

Geschlechterrollen in verschiedenen Kulturen

Margaret Meads Forschungsergebnisse zeigen, dass Geschlechterrollen keineswegs universell sind. Tatsächlich gibt es weltweit eine enorme Vielfalt von Geschlechterrollen und -erwartungen. In einigen Kulturen sind Frauen zum Beispiel für die Jagd und Fischerei zuständig, während Männer sich um den Haushalt kümmern. In anderen Kulturen übernehmen Frauen traditionell eher dominante Positionen in Politik oder Wirtschaft.

Ein Beispiel hierfür sind die Mosuo in China. In dieser Gesellschaft haben Frauen traditionell die Macht und die Männer leben in der Familie der Frauen. Es gibt keine Ehe im herkömmlichen Sinne, sondern die Frauen wählen sich ihre Sexualpartner aus und können diese jederzeit wechseln. Männer spielen in dieser Gesellschaft eine untergeordnete Rolle und sind vor allem für die Arbeit in der Landwirtschaft zuständig.

Einfluss auf das individuelle Verhalten

Diese kulturellen Unterschiede haben auch Einfluss auf das individuelle Verhalten. In Gesellschaften, in denen Frauen traditionell dominant sind, werden Frauen zum Beispiel als selbstbewusster und durchsetzungsfähiger wahrgenommen als in Gesellschaften, in denen Männer dominieren. Auch die Bedeutung von Begriffen wie "männlich" und "weiblich" unterscheidet sich zwischen den Kulturen.

Allerdings zeigt die Forschung auch, dass biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern in einigen Bereichen eine Rolle spielen können. So haben Studien gezeigt, dass Männer im Durchschnitt besser in räumlichen Aufgaben sind, während Frauen im Durchschnitt besser in sprachlichen Aufgaben abschneiden.

Diese Forschungen haben gezeigt, dass Geschlechterrollen nicht ausschließlich auf biologischen Unterschieden basieren, sondern stark von der jeweiligen Kultur und den dortigen sozialen Normen geprägt sind. Durch den Vergleich verschiedener Kulturen können wir ein tieferes Verständnis für die Vielfalt von Geschlechterrollen entwickeln und Vorurteile gegenüber anderen Kulturen abbauen. 


Es ist wichtig zu erkennen, dass Geschlechterrollen in jeder Kultur ein komplexes Thema sind, das von vielen Faktoren beeinflusst wird. Indem wir diese Faktoren untersuchen und unsere eigenen kulturellen Vorurteile hinterfragen, können wir dazu beitragen, eine Gesellschaft zu schaffen, die für alle Menschen gerecht und inklusiv ist.

Quelle

Geschrieben von Mara Schär

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